3. Oktober 2020: Ja, ich feiere ihn. In Gedanken. Mehr geht ja gerade nicht.

Ich fahre öfter mal nach Berlin, geschäftlich. Wie mein Vater damals. Und doch so anders.
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Meine persönliche Deutschland-Vorher-Nachher-Geschichte.

Manchmal fühlt es sich gut an, schon etwas älter zu sein. Vor allem dann, wenn ich merke, dass ich Dinge genießen kann, weil ich weiß, wie es sich angefühlt hat, als es anders war. Eine persönliche (Wessi-)Geschichte zum 3. Oktober:

Als Mädchen stand ich einmal auf einem kleinen Aussichtsturm. Von dort aus konnte man ein Gebäude sehen, offenbar alt, mit Pferden obendrauf. Ich war mit meinen Eltern hierher gefahren, um Geschäftsfreunde meines Vaters zu besuchen. Wir fuhren lange über die Autobahn, dann kamen wir an eine Grenzstation. Das kannte ich schon, von Fahrten nach Dänemark oder Spanien. Aber hier war es anders. Die Menschen waren ziemlich streng, und sie sprachen Deutsch. Auf Türmen standen Männer mit Maschinengewehren im Anschlag. Wir mussten sehr lange warten, bis wir überhaupt die Pässe zeigen durften. Aussteigen durfte ich nicht. Wollte ich auch nicht. Da waren überall Menschen mit Gewehren. Nach gefühlten Stunden ging es weiter. Ich bekam mit, dass wir nur eine ganz bestimmte Straße benutzen durften. Bloß nicht verfahren. Dann gab es noch einmal eine Grenze. Aber niemand sprach eine fremde Sprache, oder hatte auch nur einen Akzent. Wir besuchten Papas Geschäftsfreunde und hatten eine gute Zeit. Der erste Döner meines Lebens, ein riesiger Zoo, große Gebäude (ich wuchs in einem Dorf auf). Und die Aussichtsplattform. Seltsam. Dieses tolle Gebäude, da wäre ich gerne mal hingelaufen – durchgelaufen. Aber es war unerreichbar. Ein dicker Zaun, dann Wiese, eine Mauer, noch mehr Wiese – und Menschen mit Gewehren, ganz da hinten. Der Satz meines Vaters hat sich eingebrannt: „Ja, das ist auch Deutschland. Da dürfen wir aber nicht hin. Zu verstehen ist das nicht.“ Ich habe es nicht verstanden, als Kind von ungefähr 10 Jahren.

Wann immer ich in Berlin bin, muss ich da einmal durch.

Vor zwei Tagen hatte ich einen beruflichen Termin in Wildau, Brandenburg, vor den Toren Berlins. Bin mit dem Auto gefahren, wegen Corona und so. In nur 3 Minuten war ich an Marienborn vorbei. Reste eines Turms, auf dem mal Männer mit Gewehren standen. Das Bewusstsein, dass ich hier schon einmal war, auf der Transit-Strecke. Heute einfach Autobahn nach Berlin/Brandenburg. Ich war 15, als die Mauer fiel. Es ist viel passiert, seitdem. Nicht alles gut. Nicht alle werden feiern. Ich schon. Und immer, wenn ich in Berlin bin, versuche ich mir die Zeit zu nehmen, um zu diesem Gebäude zu gehen. Und durchzulaufen. Für mich ist das Brandenburger Tor etwas ganz Besonderes. Wird es immer bleiben.30 Jahre ungeteiltes Land: Herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich, bei allen Problemen, dass ich einfach zu diesem tollen Gebäude gehen kann, dass niemand mich kontrolliert, wenn ich nach Berlin fahre, dass ich das wunderschöne Brandenburg sehen darf, wann ich will, dass da keine Männer mit Gewehren auf Türmen stehen. Dass ich Menschen treffe, die die Zeit meiner Kindheit ganz anders erlebt haben. Dass wir drüber reden können. Einfach mal genießen.3. Oktober 1990 – 3.Oktober 2020

Karen Heese-Brenner

Karen Heese-Brenner

Zwei Dinge liegen mir am Herzen: Menschen zu helfen, ihr charismatisches Potential auszuschöpfen und Unternehmen zu ermutigen, Kooperationskultur zu leben.

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Karen Heese-Brenner

Ich bin als Business Coach und als Trainerin für sicheres Sprechen, Präsentation und Charisma in ganz Deutschland unterwegs. Mein Motto: Starke Persönlichkeiten führen und bilden starke Teams!

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