Keine Angst vor Charisma! Warum es „graue Mäuse“ nicht nötig haben, die Rampensau zu spielen.

Manche Menschen haben bereits die volle Aufmerksamkeit, sobald sie die ersten Sätze gesprochen haben. Auch, wenn es sicher ein gewisses Talent gibt, ist Charisma nicht angeboren und kann sogar erlernt und trainiert werden.
Charisma zu verstehen ist nicht nur für berühmte Menschen hilfreich. Wir alle haben Charisma-Faktoren, die wir stärken und für uns nutzen können.

Vor einiger Zeit habe ich eine junge Unternehmerin erlebt, die als Diskussionsteilnehmerin auf dem Podium einer Wirtschaftsveranstaltung saß. Gemeinsam mit drei Männern, alles erfahrene Unternehmer, sprach sie über ein bestimmtes Thema. Sie, die sich erst vor ein paar Jahren mit einem kleinen Unternehmen selbständig gemacht hatte, teilte ihre Erfahrungen mit dem Publikum und diesen vier gestandenen Chefs von traditionsreichen, mittelständischen Unternehmen. Dabei fiel mir eins sofort auf: während die anderen Podiumsteilnehmer sich hier und da gegenseitig ins Wort fielen, wurde sie nicht unterbrochen. Da saß diese junge Frau, ungeschminkt, in ordentlicher, vergleichsweise sportlicher Kleidung, zwischen den Männern im Anzug, die zweifelsfrei geübte Redner waren. Sie neigte dazu, etwas zu schnell zu sprechen, manchmal sogar zu nuscheln. Man merkte ihr an, dass sie das Hantieren mit dem Mikrofon noch nicht gewohnt war. Und dennoch: Jeder im Raum lauschte ihr gebannt, mich eingeschlossen. Beim späteren Smalltalk mit anderen Gästen hörte ich mehrfach Sätze wie „Die Frau hat tolle Ideen“, „Die weiß aber, wovon sie spricht“ oder „Solche Leute sollten viel öfter auftreten“. Über die anderen auf dem Podium wurde kaum gesprochen. Was war der Grund dafür, dass gerade diese Frau bleibenden Eindruck hinterließ? Sie ist keine durchgeschulte Rednerin, und trotzdem bleibt hängen, was sie sagt. Nicht falsch verstehen: Die drei Herren haben durchaus viel Interessantes gesagt. Aber die Frau hatte mit Abstand die größte Aufmerksamkeit. Sie war es, die im Anschluss noch lange von Gästen umringt und in Gespräche verwickelt wurde, während andere schon das Buffet besuchten.
Als Coach für sicheres und professionelles Auftreten achte ich besonders auf solche Dinge. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich vom Inhalt eines Redners nicht mehr viel weiß. Da können die Redner oft gar nichts dafür, es fällt mir einfach schwer, meine Gedanken nicht auf ihre Stimme, ihre Sprache, auf die Details ihrer Körpersprache oder Mimik zu lenken – Berufskrankheit. Diese Frau allerdings schaffte es, dass ich ihr einfach zuhörte und im Anschluss das Gefühl hatte, ganz auf ihrer Wellenlänge zu sein. Sie hatte mich mitgenommen, im positivsten Sinn.

Wer ist Ihre fremde Vertrauensperson?

Bevor ich auf einige entscheidende Faktoren eingehe, die dieser Frau so viel Aufmerksamkeit bescherten, bitte ich Sie um etwas: Denken Sie bitte an eine berühmte Person, mit der Sie sich ein vertrauensvolles, persönliches Gespräch vorstellen können. Wer aus der Politik, der Show-Welt oder einem anderen Bereich macht auf Sie einen vertrauenswürdigen Eindruck, obwohl Sie ihn/sie nicht persönlich kennen? Viele Menschen nennen hier zum Beispiel Barack Obama oder den Dalai Lama. Egal, wer es bei Ihnen ist: Merken Sie sich einfach, an wen Sie da gedacht haben.

Zurück zu der Unternehmerin, die auf andere und mich so viel Eindruck gemacht hat. Ich möchte hier nicht alle Details dieses Auftritts auseinandernehmen, aber es gibt ein paar entscheidende Faktoren, die Menschen ausmachen, die unsere Aufmerksamkeit bekommen und halten. Das hier ist kein Training, deshalb beschränke ich mich auf ein paar Impulse:

Wahrhaftige Präsenz

Diese Frau war wirklich da. Das hört sich seltsam an, ist aber ein wichtiger Faktor für unsere Überzeugungskraft. Ich nenne es „wahrhaftige Präsenz“. Das ist viel mehr, als dort zu sein und zu reden. Ganz entscheidend ist hierbei das Zuhören. Sprach die junge Frau selbst nicht, waren ihr Blick und ihr Körper ganz auf die Person ausgerichtet, die sprach. Sie hörte aktiv zu, was man zu jederzeit an ihrer Mimik und Körpersprache erkennen konnte. Reagierte jemand im Publikum, wandte sie sich auch dorthin und signalisierte ganz unverstellt, dass sie dies wahrgenommen hatte. Sprach sie wieder, bezog sie sich oft auf das, was zuvor gesagt wurde. Sie wartete nicht einfach nur auf die Fragen. Dies ist nur ein Faktor für wahrhaftige Präsenz, es gibt viele weitere.

Ich möchte aber auf einen anderen Punkt eingehen, der uns dazu bringt, Menschen nicht nur freundlich zuzuhören, sondern ihnen wirklich zu lauschen.

Mit echtem Leben gefüllte Information

Die Unternehmerin in meinem Beispiel hatte auf den ersten Blick vielleicht einen kleinen Nachteil gegenüber den anderen Podiumsteilnehmern. Thematisch ging es hier um unternehmerische Erfahrung, und davon hatte sie als Jungunternehmerin natürlich weniger als die „alten Hasen“ um sie herum. Dennoch ging sie nicht unter oder wurde vom Moderator gar weniger gefragt, und wirklich niemand fiel ihr ins Wort. Die anderen Unternehmer berichteten über durchaus interessante Erkenntnisse, die sie in vielen Jahren gesammelt hatten. Auch ihnen hörten wir alle gerne zu. Aber es war zwar interessiertes Zuhören, jedoch kein gebanntes Lauschen, so wie bei der Frau. Auch hier möchte ich einen von vielen Gründen nennen: sie sprach ausschließlich über das, was sie selbst wirklich erlebt hatte. Vor allem aber sprach sie darüber, wie sie es erlebt hatte. Sie schilderte, wie es sich anfühlte, als sie ein großes Projekt verlor, weil sie die Situation des Kunden falsch eingeschätzt hatte. Dies war nicht etwa ein Seelenstrip, trotzdem sah man ihr an, wie sich die sachlich geschilderten Situationen auf sie ausgewirkt haben mussten, einschließlich dem Moment, an dem sie über sich selbst lachen musste. Das ist etwas sehr Entscheidendes: neben dem reinen Fachwissen, das wir jemandem zuschreiben, suchen wir bei unserem Gegenüber nach Signalen der Glaubwürdigkeit. Sehen und spüren wir, dass jemand aus dem eigenen Erlebten schöpft, sind wir bereit, seinen Informationen zu trauen und sie sogar in eigene Entscheidungen einfließen zu lassen. Wer es schafft, dieses Quäntchen echtes Leben auszustrahlen, dem ist ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit und Sympathiegefühl recht sicher. In der Literatur wird dieser Faktor oft als Wärme bezeichnet.

Charisma ist das Gegenteil von Rollenspiel

Dass ich mich unter anderem als Charisma-Coach bezeichne, wird durchaus manchmal missverstanden. „Echt? Machst du aus grauen Mäusen Rampensäue, oder was?“ Diese Frage wurde mir ernsthaft schon gestellt. Nein, das mache ich nicht. Aber ich helfe Menschen dabei, ihr wirkliches Charisma-Potenzial zu sehen und dann zu nutzen. Warum sollte eine graue Maus die Rolle der Rampensau spielen, wenn sie eine sehr überzeugende graue Maus sein kann? Ständig eine Rolle zu spielen, aus welchen Gründen auch immer, kostet uns viel Energie und vor allem Vertrauen und Überzeugungskraft. Oder vertrauen Sie Menschen, die mit einstudierten Gesten und immer wiederkehrenden Floskeln versuchen, ein bestimmtes Bild von sich abzugeben?

Ein wirklich überzeugendes Charisma setzt sich aus diversen Faktoren zusammen, die unterschiedlich stark ausgeprägt sind.

Die junge Frau aus meinem Beispiel könnte ihr Potenzial in Sachen Überzeugungskraft sicher noch besser nutzen, wenn sie ein wenig an ihrer Sprache arbeitet und mehr Übung in Sachen Mikrofonhandhabung gewinnt. Ihrer glaubwürdigenden Wirkung hat dies nicht geschadet. Durch die vielen Signale ihrer Präsenz, Ehrlichkeit und Offenheit sowie durch offensichtliches Fachwissen hat sie dies ausgeglichen.

CharisMe! Keine Esoterik, sondern Wissen und Übung

Dank der Wissenschaft in Bereichen wie Neurobiologie, Psychologie, Soziologie u.a. wissen wir heute sehr viel darüber, wie das, was wir Charisma nennen, funktioniert.
Zahlreiche Studien geben Aufschluss darüber, warum wir manchen Menschen freundlich zuhören und anderen gebannt lauschen. Die Art und Weise, wie unsere Signale aufgenommen und verarbeitet werden, hängt von unzähligen Umständen ab, und natürlich können und wollen wir nicht alles bewusst beeinflussen.

Die gute Nachricht ist:

Wir sind dennoch imstande, unser Charisma aktiv zu stärken und dadurch unsere Wirkung auf andere Menschen zu verbessern, ganz ohne energieraubende Rollenspiele. Jeder von uns hat Charisma-Faktoren, die er/sie stärker nutzt und die, die schwächer ausgeprägt sind oder im Verborgenen schlummern.

Das ist der Punkt, an dem ich in meiner Arbeit ansetze. Ob große Bühne, kleines Meeting, Bewerbungsgespräche oder einfach nur Alltagssituationen: es lohnt sich, die eigenen Charisma-Faktoren zu kennen und zu stärken. Wir gewinnen an Selbstvertrauen und Sicherheit und können uns dadurch auf das Wesentliche konzentrieren: den Austausch mit anderen.

Übung: Was macht Ihre fremde Vertrauensperson?

Schauen Sie sich doch einmal die berühmte Person an, an die Sie vorhin dachten. Welche Signale mögen es sein, die dafür sorgen, dass gerade diese Person Ihre Aufmerksamkeit und ein gewisses Grundvertrauen erhält – obwohl Sie ihr/ihm nie begegnet sind?
Präsenz? Wärme? Wissen?
Sicher finden Sie den ein- oder anderen Faktor.

Reden wir drüber!

Die Themen Charisma, Selbstvertrauen und erfolgreiche Mensch-zu-Mensch-Kommunikation liegen mir sehr am Herzen. Menschen darin zu unterstützen, ihr Potenzial zu sehen und für sich und andere zu nutzen, ist für mich Erfüllung pur. Zu meiner CharisMe! -Philosophie gehören neben Coachings und Trainings auch die vielen Gespräche mit Menschen, die sich für das Thema interessieren, Fragen haben, Erlebnisse schildern möchten.
Gerne können wir uns auch virtuell zum Gespräch treffen. Lernen wir uns kennen.

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Karen Heese-Brenner

Zwei Dinge liegen mir am Herzen: Menschen zu helfen, ihr charismatisches Potential auszuschöpfen und Unternehmen zu ermutigen, Kooperationskultur zu leben.

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Karen Heese-Brenner

Ich bin als Business Coach und als Trainerin für sicheres Sprechen, Präsentation und Charisma in ganz Deutschland unterwegs. Mein Motto: Starke Persönlichkeiten führen und bilden starke Teams!

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