Unterstützen ohne ausgenutzt zu werden: Die erfolgreichste Verhaltensstrategie für starke Unternehmen

Der Organisationspsychologe Adam Grant beschäftigt sich unter anderem damit, welche Verhaltensstrategie für Mitarbeiter und Unternehmen dauerhaft am meisten Erfolg bringt. Dabei zeigt sich: die nachhaltig erfolgreichste Unternehmenskultur ist die mit einem hohen Anteil an Menschen, die grundsätzlich bereit sind, andere zu unterstützen, ohne sich aber ausnutzen zu lassen.
KHB Training Coaching Unternehmenskultur Kooperationskultur

Der Organisationspsychologe Adam Grant beschäftigt sich unter anderem damit, welche Form des Kooperationsverhaltens für den/die Mitarbeiter/in und das Unternehmen am meisten Erfolg bringt. Dabei hat er in verschiedenen Untersuchungen folgendes herausgefunden: die nachhaltig erfolgreichste Unternehmenskultur ist die mit einem hohen Anteil an Menschen, die grundsätzlich bereit sind, andere zu unterstützen, ohne sich aber ausnutzen zu lassen. Unternehmen mit einer Wettbewerbskultur, in der also viele Menschen vor allem ihren eigenen Status verteidigen, Wissen für sich behalten und andere eher nicht unterstützen, um sie nicht stärker zu machen, haben langfristig Probleme. Läuft es gut, kann sich eine solche Kultur eine Weile halten. Kommen aber z.B. schwierige Zeiten, stehen Unternehmen mit Wettbewerbskultur sie deutlich schwerer durch, als solche mit ausgeprägter Kooperationskultur.

Reibung erzeugt Energie?

In einem Unternehmen, in dem sich bereits seit einigen Jahren eine starke Wettbewerbskultur entwickelt hatte, sprach ich einmal mit dem Personalleiter. Als ich erwähnte, dass die Kommunikation von wichtigem Wissen gerade sehr schleppend laufe und ich das Gefühl hätte, hier werde Wissen vor allem zum eigenen Machterhalt genutzt, sagte er mir: „Wissen Sie, wir haben eben viele starke Charaktere in diesem Unternehmen. Das ist doch auch gut, wenn sie sich ein bisschen beharkten. Reibung erzeugt doch Energie.“

Für mich hat dieser Mann etwas durcheinandergeworfen. Er hat Menschen mit einem ausgeprägten Nehmerverhalten als „starke Charaktere“ bezeichnet. Wirklich stark sind, auch nach Adam Grant, diejenigen, die ihr Wissen und ihre Kraft so sinnvoll teilen und einsetzen, dass alle profitieren. Dadurch stärken sie sowohl das Unternehmen, als auch ihre eigene Position. Führungskräfte, die sich so verhalten, bekommen ein hohes Maß an Vertrauen und Kooperationsbereitschaft von ihrem Team zurück. Besteht das Team aus vielen weiteren Menschen mit hohem Fachwissen/Können und der Bereitschaft, es zu teilen und andere zu unterstützen, trägt sich dieses Team von innen heraus. Hier ist entscheidend, dass dieses Geberverhalten eine Grenze hat: dauerhaft erfolgreich sind die, die grundsätzlich bereit sind zu unterstützen, sich aber nicht ausnutzen lassen. Auf diese Weise werden Teammitglieder mit reinem Geberverhalten entlarvt und erhalten keine Unterstützung mehr. Das Team mit einem hohen Maß an Kooperationsbereitschaft trägt sich also sehr gut, während diejenigen, die nur auf ihren Status bedacht sind, ihre eigene Position auf Dauer schwächen. Das, was der erwähnte Personalleiter so toll fand, hat auf Dauer zur Folge, dass das Unternehmen an Dynamik, Innovationskraft und Produktivität verliert. Denn: In der Wettbewerbskultur sind Menschen zu einem großen Anteil ihrer Arbeitszeit damit beschäftigt, ihre eigene Position zu verteidigen. Diese Zeit ist aus Unternehmenssicht unproduktiv. Gleichzeitig halten die Menschen Wissen eher zurück und hoffen, es irgendwann für sich gewinnbringend einsetzen zu können. Das hemmt die Innovationskraft. In einer solchen Atmosphäre werden Menschen unzufrieden, verlieren an Motivation und werden im schlimmsten Fall krank. Der Zusammenhang zwischen Wettbewerbskultur und Krankenstand ist ebenfalls in den Erkenntnissen von Adam Grant zu finden.

Kooperationskultur ist empfindlich und beginnt bei der Führung

„Unsere Mitarbeiter sind unser wertvollstes Gut. Wir sind hier wie eine große Familie.“ Auch diese Sätze kenne ich aus meiner eigenen Arbeit in Unternehmen. Leider musste ich wie viele andere feststellen, dass sie oft nur Sätze sind. Nicht immer sind es aber Lügen. Der ein oder andere Unternehmer ist absolut überzeugt davon, dass es genauso ist. Zum Beispiel, weil er selbst nur mit bestimmten Personen aus dem Führungskreis überhaupt regelmäßig in Kontakt kommt. Sind darunter einige, die z.B. ihre Position nur als weiteren Schritt auf der Karriereleiter sehen, also vielleicht nur den bekannten Unternehmensnamen im Lebenslauf haben möchten, um dann woanders weiterzukommen, bekommt er von ihnen auch nur bestimmte Informationen. Menschen mit hohem Nehmerverhalten haben ein großes Interesse daran, dass ihre Vorgesetzten ihr Wunschbild bekommen – aber es ist eben oft nur Bild. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich hatte einen Vorgesetzten, der nach oben und nach außen gerne den ganz großen Team-Papa darstellte. Er benutzte dann häufig Worte wie „Team“, „zusammen“ oder „gemeinsam“. Waren die Geschäftsleitung oder andere Führungskräfte in der Nähe, lobte er laut und werbewirksam sein tolles Team und betonte, er sei immer für seine Leute da. Nach innen jedoch war er selten physisch anwesend, blockte Telefonate ab und kam grundsätzlich zu spät oder gar nicht zu Meetings. Wenn er dort war, nutzte er Worte des Drucks, unterbrach andere oft, wirkte häufig abgelenkt (Blicke auf das Handy) und informierte sein Team nur über das Allernötigste. Er verwendete einen großen Teil seiner Zeit darauf, sich vor der Geschäftsführung und anderen zu präsentieren, weitere Führungskräfte auf Distanz zu halten und möglichst viel nutzbaren Output aus seinem Team zu erhalten. Wertschätzung gab er innerhalb des Teams nur widerwillig. Gerne ließ er statt dessen einzelne Personen etwas „dumm dastehen“, in dem er sie zum Beispiel im Meeting mit Fragen konfrontierte, auf die sie sich nicht hatten vorbereiten können, eine sehr beliebte Überfalltaktik. Dies hatte über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg große Folgen. Aus einer Abteilung mit hohem Anteil an Kooperationsverhalten wurde eine Gruppe von Menschen, die mehr und mehr in die Wettbewerbskultur rutschten. Die einen übernahmen Geberverhalten, nach dem Motto „sehen, wo man bleibt“, andere gingen immer mehr zu „Dienst nach Vorschrift“ über, bis hin zur „inneren Kündigung“. Die Fluktuation nahm stetig zu, ebenso der Krankenstand. Es bildeten sich kleine Grüppchen innerhalb des Teams, die dann aneinander vorbei oder sogar gegeneinander arbeiteten. Vertrauen wich immer häufiger Misstrauen.

Was bewirkt mangelndes Vertrauen in Krisenzeiten?

Wenn Menschen in einem Unternehmen nicht das Vertrauen haben, dass Kollegen/innen, Vorgesetzte und Geschäftsführung im Sinne des Ganzen arbeiten, wenn sie sich sogar in ihrem Status bedroht fühlen, wie werden sie sich dann wohl in schlechteren Zeiten selbst verhalten? Wenn viele einen großen Teil ihrer Kraft in Selbstverteidigung und Macht-Strategien investieren, statt in die Innovationskraft und Produktivität des Unternehmens, wieviel Kraft werden sie und das Unternehmen in der Krise noch haben, um durchzukommen?

Beschäftigt man sich mit den Erkenntnissen des Organisationspsychologen Adam Grant und anderen Experten aus Soziologie und Psychologie, so liegen die Antworten auf der Hand. Und auch aus meinem kleinen Erlebniskosmos heraus kann ich dies nur bestätigen. Unternehmen mit einer wahrhaftigen Kooperationskultur, in denen das Ausnutzen anderer erschwert wird, haben eine große innere Kraft, die sich in Krisenzeiten sogar noch verstärken kann. Das allein wird ein Unternehmen nicht retten können – aber eine stabile Basis aus Vertrauen, Unterstützungsbereitschaft und Transparenz ist auch in der Krise erfolgreicher, als eine wettbewerbsgetriebene Gruppe.

Den Kontakt zur Basis zu halten beugt verzerrter Wahrnehmung vor

Wenn die Geschäftsleitung des oben erwähnten Unternehmens zu gegebenem Zeitpunkt der Entwicklung zur Wettbewerbskultur in einigen Bereichen entgegengewirkt hätte, wäre sicher vieles anders gekommen. Der Wissensverlust durch Fluktuation hätte verhindert-, der Krankenstand verringert und viel Frust vermieden werden können. In diesem Fall war der Wille vielleicht gar nicht vorhanden. Oftmals höre ich aber auch von Unternehmern und Geschäftsführern, wie schwierig es ist, gesicherte Informationen darüber zu bekommen, wie gut oder schlecht die Unternehmenskultur innerhalb der Bereiche funktioniert und gelebt wird. Ehrliche Aussagen sind oft nur schwer zu bekommen, und je größer das Unternehmen, desto weniger ist es machbar, eine repräsentative Gruppe überhaupt zu befragen, selbst, wenn der Wunsch da ist. Dennoch bleibt es für eine Vertrauenskultur unumgänglich, dass die ganz obere Führungsebene den Basis-Kontakt nicht verliert. Schafft es ein Geschäftsführer, wenigstens in einem gewissen Rahmen wirklich ansprechbar und offen zu sein, wirkt er Wettbewerbstendenzen entgegen. Dazu gehört auch die Bereitschaft zur Selbstreflektion, und dies möglichst nicht nur im Verborgenen.

Kooperationskultur – Wunsch oder Wirklichkeit? Das ist messbar.

Eine Kooperationskultur mit hohem Anteil an Menschen, die unterstützungsbereit sind, ohne sich ausnutzen zu lassen, ist nachhaltig erfolgreich. Davon sind auch der langjährige Business Coach Thomas Kottmann und der Physiker und Coach Dr. Kurt Smit überzeugt. Auf der Basis von Erkenntnissen der Organisationspsychologie (Adam Grant), Neurobiologie (Gerald Hüther) und Kooperationstheorie (Robert Axelrod) haben sie sich die Frage gestellt, inwieweit die Ausprägung von Kooperationsverhalten in einer Gruppe wohl messbar gemacht werden kann. Mithilfe der Spieltheorie entwickelten sie eine wissenschaftlich fundierte Methode für eine Kooperationsmessung in Unternehmen. Diese bietet, unterstützt durch digitale Tools, Erkenntnisse darüber, wie sich die Anteile von Geber-, Nehmer- und Tauscher-Verhalten in der Belegschaft zusammensetzen. Hierbei geht es ausdrücklich nicht darum, Menschen in ihrer Persönlichkeit zu bewerten, sondern darum, den Anteil an bestimmten Verhaltensstrategien herauszufinden. Jeder Mensch zeigt in manchen Situationen Geber-, in anderen Nehmerverhalten. Es handelt sich nicht um eine Charaktereigenschaft, sondern um Verhalten unter bestimmten Umständen.

Betrachtet man die Daten der Messung, die durch datenschutzgesicherte Befragungen erhoben und ausgewertet werden, bekommt man ein Bild vom tatsächlichen Grad der Kooperationskultur im Unternehmen. Auf dieser Basis können nun in Interviews Gründe für starkes oder weniger starkes Kooperationsverhalten herausgefunden werden. Auf diesen Erkenntnissen werden dann mit allen Beteiligten Maßnahmen für das Unternehmen erarbeitet. Dazu können z.B. Strukturveränderungen und andere interne Maßnahmen, aber auch Mediationen, Weiterbildung und Coaching gehören, je nachdem. Nach einem festgelegten Zeitraum wird die Messung wiederholt, um herauszufinden, welche Maßnahmen bereits gegriffen haben. Dem gesamten Prozess haben Kottmann und Smit den Namen TransKooption® gegeben. Ein Kunstwort, dass sich aus Transformation und Kooperation zusammensetzt, was den Anspruch dieses Prozesses genau widerspiegelt: Die Entwicklung, Etablierung und Stärkung von erfolgreichen Kooperationskulturen in Unternehmen.

TransKooption®: Ein Weg zum Erfolg durch Kooperation

Ich beschäftige mich seit langem mit dem Thema Unternehmenskultur. Zum einen aus eigener Erfahrung heraus, zum anderen als Coach und Trainerin für Fach- und Führungskräfte. Die Frage, wie eine starke Kultur entwickelt werden kann, treibt mich immer wieder um. Meine Begegnung mit Thomas Kottmann und Dr. Kurt Smit und ihrer Arbeit für/mit Unternehmen war daher ein Glücksfall für mich. Anfänglich war ich skeptisch, als die Begriffe „Bewertung“ und „Messung“ fielen, denn schließlich ist das Verhalten etwas zutiefst Persönliches und von vielen Faktoren abhängig. Die intensive Beschäftigung mit den wissenschaftlichen Hintergründen, den Datenschutzmaßnahmen während der Messung und vor allem mit den bereits vorhanden Ergebnissen aus Unternehmen, hat mich überzeugt. Zusammen mit meinen eigenen Erfahrungen als Mitarbeiterin in Unternehmen und als Coach bestärkt mich all das darin, mich für kooperativ geprägte Unternehmenskulturen einzusetzen. Es lohnt sich!

Quellen zum Thema: Adam Grant: „Geben und nehmen: Warum Egoisten nicht immer gewinnen und hilfsbereite Menschen weiterkommen“ / Robert Axelrod: „Die Evolution der Kooperation“ / Gerald Hüther: „Was wir sind und was wir sein könnten“

Mehr Information zum Prozess der TransKooption® finden Sie hier: www.transkooption.com

Karen Heese-Brenner

Karen Heese-Brenner

Zwei Dinge liegen mir am Herzen: Menschen zu helfen, ihr charismatisches Potential auszuschöpfen und Unternehmen zu ermutigen, Kooperationskultur zu leben.

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Karen Heese-Brenner

Ich bin als Business Coach und als Trainerin für sicheres Sprechen, Präsentation und Charisma in ganz Deutschland unterwegs. Mein Motto: Starke Persönlichkeiten führen und bilden starke Teams!

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